Drei Fragen an… Eva Stollreiter

Auf ein Wort mit einer Expertin für das Philosophieren mit Kindern
28.05.2024

Die Philosophin, Literaturwissenschaftlerin und Mediatorin Eva Stollreiter ist Vorsitzende des Berliner Vereins Was denkst du? Kinder und Jugendliche philosophieren e. V. (ehemals: Die kleinen Denker e. V.) und Referentin im Pilotprojekt Werte im Quadrat, in dem sie Fach- und Leitungskräfte aus Kita, Grundschule und Individualförderung das Philosophieren mit Kindern näherbringt und sie ermutigt, den Ansatz in ihre Bildungspraxis zu tragen.

Wer ist Was denkst du?

Unser Verein engagiert sich seit 2012 für das Philosophieren mit Kindern in der Region Berlin-Brandenburg. Unsere Mitglieder kommen aus den Bereichen Philosophie, Pädagogik und Didaktik sowie weiteren Disziplinen.
Wir bieten Workshops für Kinder und Jugendliche bis ca. 14 Jahre an sowie Fortbildungen für Erwachsene. Dabei setzen wir auf die partizipative Gestaltung der Angebote und die kontinuierliche Arbeit mit Gruppen. Seit 2022 intensivieren wir unsere Arbeit und arbeiten an Formaten, die verstärkt die Themen Inklusion, Erlebnisorientierung und die Einbindung präsentativer Formen in den Blick nehmen. Im Moment geschieht dies insbesondere im Projekt Berliner Denkspielplätze, das Philosophieren und künstlerisches Tätigsein verbindet. Seit über zehn Jahren setzen wir außerdem Praxistreffen für Akteur:innen im Philosophieren mit Kindern um. Bei den Treffen vertiefen wir einzelne Themen, entwickeln konkrete Unterrichtsvorschläge und tauschen untereinander Impulse für die Praxis aus. Als Verein setzen wir uns für das Philosophieren mit Kindern an den Berliner Grundschulen ein, am besten im Rahmen eines eigenen Unterrichtsfachs, zu dem es dann an den Berliner Hochschulen auch entsprechende Qualifizierungsmöglichkeiten geben müsste.

Welche Chancen bietet das Philosophieren mit Kindern?

Das Philosophieren eröffnet Kindern die Gelegenheit, denjenigen philosophischen Fragen und Themen nachzugehen, die sie beschäftigen, und Antworten auf diese Fragen zu formulieren. Diese eigenen, zum Teil auch mühsam entwickelten Antworten haben eine ganz andere Tragkraft als Antworten, die schon vorgegeben sind und von Kindern bloß „gefunden“ werden sollen. Das Philosophieren verbessert außerdem die Gesprächskultur in einer Gruppe, wirkt gewaltpräventiv und fördert die Sprach-, Demokratie- und Diversitätskompetenz von Kindern. Dazu gibt es inzwischen zahlreiche Studien.
Mit Kindern über philosophische Fragen zu sprechen, ist vielen Erwachsenen und pädagogischen Fachkräften vertraut, auch wenn sie sich dessen oft nicht bewusst sind. Als Teil der Philosophiedidaktik stellt das Philosophieren mit Kindern die Methoden bereit, um philosophische Gespräche mit Kindern in Gang zu bringen, zu gestalten und zu einem bereichernden Abschluss zu bringen. Dadurch ist es eine für den pädagogischen Alltag sehr flexible Praktik. Pädagog:innen können das Philosophieren in ihre alltäglichen Gespräche mit Kindern integrieren oder es als Zusatzangebot an ihre Einrichtung holen.

Portrait Eva Stollreiter
Eva Stollreiter, Foto: farbtonwerk

Was begeistert dich an „Werte im Quadrat“?

An dem Projekt „Werte im Quadrat“ hat mich sofort die Zielsetzung überzeugt, überregional und nachhaltig wirksam zu werden. Das zeigt der Aufbau der vier Module, die jeweils mehrere Monate dauern. Sie sind nicht nur auf einen kurzen Impuls ausgerichtet, sondern nehmen die langfristige Implementierung der behandelten Methoden in den Blick. Die Teilnehmenden haben die Möglichkeit, die Themen ausführlich zu reflektieren, Gedanken und Eindrücke „sacken“ zu lassen und ihren individuellen Möglichkeiten entsprechend in die Praxis zu tragen. Außerdem zielen die Module auf eine ausgewogene Mischung zwischen Praxis und Theorie, was eine echte Vertiefung der Inhalte ermöglicht. Beim Philosophieren halte ich die didaktische Rückbindung für sehr wichtig, damit deutlich wird, dass es nicht nur um ein gutes Gefühl geht, das im gemeinsamen Gespräch entstehen kann. Philosophieren erhebt einen Orientierungsanspruch, erfordert viel Übung und die Kenntnis der Methoden. Und natürlich überzeugt mich an „Werte im Quadrat“ die Kombination der Themen, die in den verschiedenen Modulen behandelt werden.