Drei Fragen an... Dr. Anne Seifert
„Warum formulieren die unterschiedlichen Bildungsakteure zwar oft ähnliche Ziele mit Blick auf die Kinder und Jugendlichen, handeln dann aber ganz unterschiedlich, und zum Teil sogar widersprüchlich, zueinander?“, fragt Dr. Anne Seifert, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut der Allgemeinen Erziehungswissenschaft der Goethe Universität Frankfurt am Main, in der einleitenden Folge des Podcasts „Wissen mobilisieren in Ein Quadratkilometer Bildung – der Podcast, der Praxis und Wissenschaft zusammenbringt„. Wir sprachen mit ihr über die sechsteilige Podcast-Reihe.
Deine Podcast-Reihe über und zu km2 Bildung und der Rolle einer Pädagogischen Werkstatt heißt „Wissen mobilisieren“ – welches und wessen Wissen?
Praxis und Theorie stehen oft nebeneinander. Es wird zu praxisrelevanten Themen viel geforscht, doch zu selten wird dieses Wissen im Sinne der Praxis „mobilisiert“. Es geht also um wissenschaftliche Erkenntnisse, die eine hilfreiche Reflexionsfolie für praktische Probleme und Fragen sein können. Dadurch kann nicht nur Wissen mobilisiert, sondern auch Praxis weitergedacht, ggf. verändert oder verbessert werden.
Was war die Idee hinter dem Podcast und an wen richtet er sich?
Die Idee entstand im Zuge einer wissenschaftlichen Begleitung, die uns einen tiefen Einblick in die Praxis, die drängendsten Fragen und Herausforderungen der Bildungsnetzwerke von km2 Bildung gegeben hat. Mit einer kleinen Gruppe von Projektverantwortlichen haben wir Folgendes erprobt: Ausgehend von konkreten Fragen der Praxis haben wir wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesen Fragen und den dahinterliegenden Problemen zur Verfügung gestellt. Dann haben wir reflektiert: Inwiefern könnte dieses Wissen helfen, Probleme zu lösen bzw. Praxis weiterzuentwickeln? Es hat sich gezeigt, dass es sehr hilfreich sein kann, kurzzeitig aus der bisherigen Denkweise herauszutreten und mit wissenschaftlichem Blick und der damit verbundenen Distanz auf die eigenen Fragen zu blicken. Genau dies soll auch der Podcast „Wissen mobilisieren“ ermöglichen. Er soll das gesammelte Wissen und die beschriebenen Erfahrungen für mehr Kolleg:innen nutzbar machen.
Was zeichnet ein gelungenes Bildungsnetzwerk aus?
Ein gelungenes Bildungsnetzwerk ist meiner Ansicht nach ein lernendes System, das die Bedingungen und Herausforderungen vor Ort genau im Blick hat, die für eine gesunde Entwicklung von allen Kindern und Jugendlichen wichtig sind. Gesund verstehe ich hier nicht nur im physischen Sinne. Ein gesundes Aufwachsen beinhaltet sehr viele Aspekte, die mit Bildung zu tun haben: Die Möglichkeit, meine Persönlichkeit zu entfalten, das Gefühl, im tagtäglichen Leben relevante Beiträge leisten und mich sinnvoll einbringen zu können und dies nicht nur für mich, sondern auch für andere. Wenn lokale Bildungsnetzwerke dazu beitragen, dass Lern- und Entwicklungsumgebungen entstehen, die Kinder und Jugendliche in diesem Prozess unterstützen, dann kann viel erreicht werden.